„Ich übe mich jeden Tag in positivem Denken, um mein Leben zu verbessern. Trotzdem wiederholen sich regelrechte Dramen, Probleme und Konflikte in meiner Familie. Dadurch fällt es mir schwer, mich dauerhaft dafür zu motivieren, da mich meine Familie immer wieder runter reißt. Was mache ich falsch? Und wieso wirkt positives Denken bei mir nicht?“

Positives Denken oder ähnliche Techniken sind zur Lösung von komplexen Familienkonflikten nicht geeignet. Möchtest du für dich dauerhaft Dramen und Konflikte in deiner Familie lösen, empfehlen sich andere Herangehensweisen als die des positiven Denkens.

Deine Anwendung des positiven Denkens hat verschiedene Auswirkungen auf dich und dein Leben, die dir wahrscheinlich nicht bewusst sind und nicht mit dem übereinstimmen, was du eigentlich damit erreichen willst, nämlich Friede, innere und äußere Ruhe, Harmonie und ein besseres Leben. In der Art, wie du positives Denken anwendest, ist es ein Dauerjob. Du bist ständig damit beschäftigt, keine negativen Gedanken und Gefühle aufkommen zu lassen und gegen Dramen und Konflikte in deinem Leben anzukämpfen. Das führt zunächst einmal dazu, dass du deine Gefühle und deine bestehenden Konflikte nicht so annimmst, wie sie sind. Mit anderen Worten: Du blockierst dich dadurch, voll und ganz in deinem Leben anzukommen. Gleichzeitig stellt positives Denken in dieser Situation eine Flucht dar, um deine momentane Situation nicht fühlen zu müssen. Eine weitere negative Auswirkung ist, dass dein tägliches Üben von positivem Denken bei dir den Eindruck entstehen lässt, dass du besonders viel für dich, dein Wohlbefinden und deine Entwicklung tun musst – und trotzdem wirst du von deiner Familie immer wieder runter gerissen. Dadurch entsteht in dir der Glauben, dass du dauerhaftes Glück, wenn überhaupt, nur durch harte Arbeit erreichen kannst.

Ein besseres Wohlbefinden kann phasenweise tatsächlich eintreten. Allerdings sind diese Momente bei dir wahrscheinlich meist nur von kurzer Dauer. Bei einer konfliktreichen Familiensituation besteht immer die Gefahr, gefühlsmäßig abzustürzen. Die Auswirkungen belastender Gefühle sind auch dadurch wesentlich stärker als die des positiven Denkens, da sie auf innere Wunden zurückgehen und aus der Tiefe kommen, während positive Gedanken auf einer eher oberflächlichen Ebene wirken. Du schreibst, dass es dir schwer fällt, dich dauerhaft zu motivieren, positiv zu denken. Trotzdem hast du dies bislang beibehalten und bist dadurch in einem Kreislauf aus positiven und negativen Phasen gefangen, in dem sich eigentlich dauerhaft nichts ändert.

Ohne das positive Denken wärst du genauso einem Zyklus von Höhen und Tiefen ausgesetzt, die das Leben nun einmal erzeugt, solange man solche Wunden in sich trägt. Möglicherweise hast du in der Vergangenheit die guten Phasen deinem positiven Denken zugeschrieben. Hätte sich die gute Phase jedoch vollständig in deinem Leben manifestiert, dann gäbe es keinen Grund, weitere Anstrengungen zu unternehmen und sich motivieren zu müssen, weiterhin positiv zu denken und die gleichen Themen wieder und wieder beeinflussen zu wollen. Die Tatsache, dass dich die Probleme wieder einholen, denen du schon viel Aufmerksamkeit gewidmet hast, müsste demnach ausbleiben. Doch das positive Gefühl verschwindet wieder und deine Gefühle folgen einem Auf und Ab, mit oder ohne positives Denken. Du könntest daher streng gesehen eigentlich darauf verzichten und allein dadurch schon sehr viel entspannter leben, als im Dauereinsatz gegen das zu sein, was ist.

Dennoch bist du diesen Auf- und Ab-Bewegungen in deinem Leben nicht schutzlos ausgesetzt und du kannst sehr wohl etwas dagegen tun – wenn auch nicht unbedingt durch positives Denken. In diesem Zusammenhang ist es wichtig für dich zu verstehen, dass für regelmäßig wiederkehrende, unerwartete und plötzlich auftretende Tiefen innere Wunden verantwortlich sind. Begegnest du diesen Wunden mit positiven Gedanken, so passiert Folgendes: Diese legen sich wie ein Schleier über deine wahren Gefühle und Wunden und deine real existierende Lebenssituation wird ignoriert und verfälscht.

Die tägliche Anwendung von positivem Denken sorgt auch unbewusst dafür, dass du schlechte und belastende Gefühle wie bei der Einnahme eines Schmerzmittels nicht weiter fühlen musst – was auch erklärt, wieso es dir so wichtig ist, diese Technik täglich anzuwenden. Wenn du negative Gefühle nicht zulässt, sie also unerhört und ungelöst bleiben, werden sie sich dir beim nächsten Mal umso lauter und heftiger zeigen. Werden sie von dir durch positives Denken wieder und wieder nach innen geschoben, kann sich das Problem nach und nach verschlimmern und sich im ungünstigsten Fall bis hin zu körperlichen Schmerzen steigern.

Die Lösung, um diese an Wunden gebundenen Gefühle dauerhaft loslassen zu können, besteht für dich und alle anderen Menschen, die sich in ähnlichen Situationen befinden, darin, deine eigenen Gefühle und Wunden zuzulassen und dich um sie zu kümmern. Sie müssen wertfrei so angesehen, angehört und angenommen werden, wie sie sind. Dies ist durch positives Denken und vergleichbare Techniken nicht möglich, da du dadurch zwischen guten und schlechten, willkommenen und nicht willkommenen Gefühlen unterscheidest.

Glücklich zu sein ist ein natürlicher Zustand, der sich von ganz allein einstellt, sobald man nicht mehr von seinen inneren Wunden regiert wird und sie das eigene Leben nicht länger dominieren. Um glücklich zu sein, musst du also keine Technik anwenden, denn es ist ein natürlicher Seins-Zustand. Du musst lediglich das darüber Liegende gehen lassen. Versuchst du hingegen wieder und wieder, belastende Gefühle durch positive Gedanken zu unterdrücken, befindest du dich in einem nie endenden Kreislauf auf der Jagd nach Glück.

Belastende Gefühle zeigen sich dir, damit du sie dir bewusst anschauen kannst. Sie eröffnen dir die Chance, zurück in deinen natürlichen glücklichen Zustand zu finden. Sie jedoch krampfhaft zu unterbinden, kann einzig zu einem verfälscht und kurzweilig besseren Lebensgefühl führen, an dem du regelmäßig arbeiten musst, damit es nicht zusammenbricht. Ein natürliches positives Lebensgefühl ist jedoch von Dauer, bringt ein besseres Leben mit sich, und es erübrigt sich, weiterhin künstlich positiv denken zu müssen. Dein positives Lebensgefühl ist dann von selbst vorherrschend, zieht dadurch neue positive Ereignisse in dein Leben und ruft von ganz alleine positive Gedanken hervor.

Das bewusste Anwenden positiver Gedanken kann also keine Probleme tiefgreifend lösen. Dennoch ist es eine Technik, die durchaus auch ihre Vorteile haben kann, insofern du sie gewinnbringend einsetzt. Du kannst damit nämlich negative Gedankenschleifen unterbrechen und so ein Bewusstsein für diese entwickeln. Dieses Bewusstsein kann dir dann helfen, tiefer zu den Ursachen dieser Gedankenschleifen vorzudringen, damit sie anschließend tief in deinem Inneren durch Heilung – nicht jedoch durch positives Denken – gelöst werden können. Komplexe Themen wie Familiendramen, zwischenmenschliche Probleme und Konflikte können allerdings, wie beschrieben, nie alleinig durch positives Denken verändert werden. Solange du dem nur mit positivem Denken entgegenwirkst, wirst du immer Rückschläge erleiden, die dich demotivieren.

-Deine Diana Hellers-

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Positives Denken und trotzdem unglücklich?, Diana Hellers