Aufmerksamkeit und Macht: Zwei Tipps zum Umgang mit der Wut deines Kindes

Viele Leserinnen und Leser kommen nicht nur mit persönlichen Problemen zu mir, sondern auch mit ihren familiären Konflikten. Sie suchen dann oft Lösungsansätze im Umgang mit ihren kleinen Kindern und nach mehr Harmonie mit ihnen. Denn besonders die Wut der Kinder, die Trotzphase oder der Widerstand ihrer Kinder sind hierbei häufig Themen, die wir besprechen. Und genau darum soll es in diesem Artikel gehen.

Auf der Ebene der Energie kannst du die Aspekte bereinigen, die unbewusst in der Kommunikation mit deinem Kind immer mitschwingen und sie wie unsichtbare Störfelder belasten: gerade, wenn es um unbewusste Triggerpunkte geht.

Doch in diesem Artikel möchte ich dir zwei ganz einfache Methoden vorstellen, wie dein Kind deutlich ruhiger wird. Diese zwei Methoden sind so einfach, dass du sie problemlos in deinen Alltag mit deinem Kind integrieren kannst. Sie werden dazu beitragen, dass dein Kind weniger wütend wird, auch wenn es sich in der sogenannten Trotzphase befindet. Sein Widerstand dir gegenüber wird sich verringern.

Bevor ich auf diese zwei Methoden näher eingehe, möchte ich dir kurz ins Bewusstsein rufen, dass es wenig sinnvoll ist, deinem Kind mit Wut zu begegnen, wenn es sich in einem Wutanfall befindet. Denn dann würde es nur wütender werden und deine Wut würde sich auch weiter steigern: ein Teufelskreis. Bleibe also ruhig. Atme tief durch. Deine Wut sollte jetzt keinen Raum in eurer Kommunikation einnehmen. Denn die hat mit deiner eigenen Geschichte zu tun und liegt im Unbewussten deiner Vergangenheit tief verborgen. Darum kannst du dich später kümmern. Wichtig ist, dass du deinem Kind nicht mit Wut begegnest, damit dein Kind leichter und schneller wieder aus seinem Wutanfall heraustreten kann. Besinne dich auf deinen Atem, dein Kind braucht dich während seines Wutanfalls am meisten.

Nun gehe ich detaillierter auf die zwei Methoden ein, die den Wutanfällen vorbeugen. Damit kannst du Konflikte mit deinem Kind vermeiden und dein Familienalltag wird insgesamt harmonischer. Dafür musst du nur zwei Dinge wissen: 1. Dein Kind will deine Aufmerksamkeit. 2. Dein Kind braucht das Gefühl von Macht. Was bedeutet das für die Wut?

Besonders, wenn dein Kind noch sehr klein ist, benötigt es viel Aufmerksamkeit. Richte dich also darauf ein, viel positive Zeit mit deinem Kind zu verbringen, damit du ihm Aufmerksamkeit schenken kannst. Je kleiner dein Kind ist, desto mehr Aufmerksamkeit braucht es. Beginne also von Anfang an damit. Wenn du dies auslässt, wird dein Kind deine Aufmerksamkeit nämlich trotzdem einfordern.

Doch dann gibst du ihm nicht selten negative Aufmerksamkeit. Dein Kind wird ein Glas vom Tisch werfen, obwohl es weiß, dass es das nicht darf. Es wird auf die Straße laufen, wenn du mit ihm spazieren gehst, obwohl es weiß, dass es das nicht darf. Es wird sein Geschwisterchen beißen oder schlagen. In jedem Fall ist dem Kind dann jedoch deine Aufmerksamkeit sicher. Auch wenn es paradox klingt. Mag sein, dass du in so einer Situation außer dir bist. Für das Kind ist jedoch deine volle Aufmerksamkeit bei ihm und es bekommt genau das, was es braucht und in diesem Moment sucht.

Um dem entgegenzuwirken, solltest du also viele positive Zeiten von Aufmerksamkeit mit deinem Kind einrichten. Es ist, als würdest du auf ein Konto einzahlen und das Konto nennt sich: Aufmerksamkeit. Bevor du das Abendbrot deiner Familie zubereitest, richte eine intensive Spielzeit mit deinem Kind ein. Bevor du einen Einkauf mit deinem Kind erledigen musst, spiele intensiv mit ihm und zeige ihm, dass es in diesem Moment dein Mittelpunkt ist. Dein Kind sucht genau das. Gib ihm das. Danach ist es leichter, deinen anderen Aufgaben nachzugehen, ohne dass dein Kind dich zu reizen versucht.

Besonders, wenn dein Kind noch sehr klein ist, ist es für diese positiven Spielzeiten wichtig, dass diese nicht unterbrochen werden. Schalte dein Telefon aus, räume auch nicht zwischendurch auf, verschiebe auch deine eigene Mahlzeit auf danach. Es sollte dann nichts anderes geben als dich und dein Kind und dass du mit ihm nach seinen Wünschen spielst. So bekommt es alles, was es braucht: dich und deine Aufmerksamkeit. Deine Geborgenheit, deine Nähe und das Gefühl, dass es im Mittelpunkt der Welt, deiner Welt, steht.

Erst, wenn du merkst, dass dein Kind seine Aufmerksamkeit in eurem Spiel nicht mehr halten kann, kündigst du an, dass du nach dem Spiel beispielsweise Essen vorbereiten wirst oder mit deinem Kind einkaufen gehst. „Wenn wir fertig sind, machen wir Essen“, „In 10 Minuten gehen wir einkaufen“ oder „Erst packen wir den Rucksack und dann gehen wir einkaufen“. So bekommt dein Kind schon während des Spiels Zeit, sich auf die nach dem Spiel folgenden Dinge einzustellen. Auch das wird dazu beitragen, dass dein Kind weniger wütend wird.

Mit den Ankündigungen gehen wir nämlich zum nächsten Bedürfnis deines Kindes über: Macht. Dein Kind möchte das Gefühl haben, etwas in seinem Leben entscheiden zu können. Das gilt auch für die Anfangszeit, wenn es noch sehr klein ist. Wahrscheinlich ist dir sehr bewusst, dass dein Kind immer dann einen Wutanfall bekommt, wenn du ihm etwas verbietest oder etwas tust, was es nicht möchte. Dein Kind möchte nicht dauerhaft mit dem Gefühl leben, dass die Eltern alle Entscheidungen treffen, während es sich all diesen Entscheidungen fügen muss. Dein Kind möchte an der Familie mitwirken. Mit Ankündigungen bekommt dein Kind Zeit, sich auf eine Veränderung einzustellen. Und da die angekündigte Tätigkeit in der Gedankenwelt deines Kindes Raum einnehmen kann, wenn du sie früh genug und mehrmals ankündigst, glaubt dein Kind sogar, dies selbst entschieden zu haben.

Damit das Machtgefühl deines Kindes erfüllt wird, spielen also auch die Entscheidungen deines Kindes eine wichtige Rolle. Lass dein Kind deshalb auch viele Entscheidungen treffen. Nicht nur das Konto „Aufmerksamkeit“, sondern auch das Konto „Macht“ muss bei deinem Kind gefüllt sein, wenn du möchtest, dass es weniger Wutanfälle hat. Dein Kind muss dabei keine Entscheidungen treffen, die du als Erwachsene(r) ohnehin getroffen hast oder die es schlicht aufgrund von Unreife nicht treffen kann. Wenn ein Einkauf ansteht, bedeutet das, dass der Einkauf auch stattfindet und nicht, dass dein Kind entscheiden kann, ob ihr einkaufen geht oder nicht.

Solltest du jedoch einkaufen und dein Mann bleibt zu Hause und bereitet das Essen zu, dann solltest du wiederum dein Kind entscheiden lassen, ob es mit dir einkaufen kommen möchte oder lieber Essen mit Papa zubereiten. Je kleiner dein Kind ist, desto einfacher müssen die Entscheidungen sein, die es treffen kann. „Möchtest du Wasser oder Tee trinken?“, „Möchtest du eine Hose oder einen Rock anziehen?“ oder „Möchtest du einen Apfel oder eine Birne essen?“. Zwei Auswahlmöglichkeiten sind vollkommen ausreichend, damit dein Kind das Gefühl hat, eine Entscheidung zu treffen. Diese Entscheidung sollte dein Kind nicht überfordern.

Stelle die Fragen auch dann, wenn du die Antwort bereits kennst. Wenn du weißt, dass dein Kind lieber Nudeln statt Kartoffeln isst, dann koche nicht einfach jeden Abend deinem Kind Nudeln. Es ist für dein Kind etwas ganz anderes, wenn es gefragt wurde „Möchtest du lieber Nudeln oder Kartoffeln essen?“ und ihm dann Nudeln serviert werden. Frage in deinem Alltag dein Kind also so viel wie möglich. Lass es viele Entscheidungen treffen. Es wird eure Kommunikation insgesamt verbessern, denn dein Kind hat das Gefühl, in der Familie mitzuwirken und mitzuentscheiden. Es fühlt sich wichtig in eurer Gemeinschaft.

Das gilt auch dann, wenn dein Kind bereits etwas älter und damit schon selbstständiger ist. Versuche, es so einzurichten, dass du dann vorher noch die Frage stellst. Versuche, mit der Frage seiner Wahl etwas zuvorzukommen. Denn dein Kind braucht das Gefühl, dass es auch nach seinem Kopf läuft. Und wenn du ihm die Fragen zu einer Wahl, zu einer Entscheidung stellst, wird das deinem Kind durch seine eigenen Antworten auf die Fragen bewusst. Es muss im Bewusstsein deines Kindes verankert sein, dass es eine Entscheidung getroffen hat. Lass dieses Thema also nicht einfach unter dem Kapitel „Mein Kind ist doch schon selbstständig“ untergehen. Denn dann geht auch sein Gefühl unter, dass es Macht ausüben kann und in der Familie mitwirkt. Dein Kind wird es an anderer Stelle ausleben.

Wenn dein Kind selbst viele Entscheidungen treffen darf, kann es sich viel leichter in deine Entscheidungen, die im Tagesablauf an anderer Stelle stattfinden, eingliedern. Um auf das Beispiel zurückzukommen: Wenn dein Kind viele Entscheidungen treffen kann, wenn du nach dem Spiel mit dem Kind einkaufen gehen musst und wenn du deinem Kind zeitig und wiederholt angekündigt hast, dass ihr nach dem Spiel einkaufen geht, ist es für dein Kind sogar so, dass es glaubt, diese Entscheidung selbst getroffen zu haben. In seinem Gedankenraum nimmt das Einkaufen nämlich einen immer größeren Raum ein, in dem vorher nur das Spiel oder vielleicht schon eine andere Idee war. Und wenn das Einkaufen Raum eingenommen hat und seine Gedankenwelt beschäftigt, kann es sogar sein, dass dein Kind sogar losrennt, um seine Jacke anzuziehen, um mit Freude und positiv mit dem dann Folgenden umzugehen.

Dein Kind braucht das Gefühl von Aufmerksamkeit und Macht. Beides ist wichtig, damit sich dein Kind in der Familie ruhig und sicher fühlt.

Es geht bei der Wut deines Kindes also nicht darum, was du richtiger machen musst, damit sich dein Kind besser deinem Alltag anpasst. Denn dieses Muster haben wir fälschlicherweise selbst gelernt und geben es nur unbewusst an unsere Kinder weiter. Doch in diesem Fall brechen wir unsere Kinder und geben ihnen die Konflikte weiter, die wir selbst als innere Konflikte in uns tragen.

Deine Diana Hellers

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Aufmerksamkeit und Macht: Zwei Tipps zum Umgang mit der Wut deines Kindes, Diana Hellers